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erstellt
am 23. März 2017
Predigt von P. Martin Mayerhofer FSO zum Josefsfest Sonntag, 19. März 2017, 10.00 Uhr, Servitenkirche
Liebe Mitbrüder der Fraternität des Heiligen Karl Borromäus, liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
Der
heutige dritte Fastensonntag fällt auf den 19. März, an welchem die
Kirche das Hochfest des heiligen Josef feiert. Die Fastensonntage sind
in der liturgischen Ordnung bedeutsamer als Heiligenfeste, daher wird
Josef erst morgen gefeiert. Da aber die Bruderschaft des heiligen Karl
Borromäus neben dem großen Bischof von Mailand auch den heiligen Josef
als Patron verehrt, sei es mir gestattet ein Wort Jesu aus dem heutigen
Evangelium auf seinen Pflegevater hin gesprochen zu betrachten.
Im
Dialog am Brunnen erläutert Jesus der samaritischen Frau, dass die
Anbetung Gottes nicht an einen Ort gebunden ist. „Die Stunde kommt, und
sie ist schon da,“ sagt der Herr, „zu der die wahren Beter den Vater
anbeten werden im Geist und in der Wahrheit“ (Joh 4,23). Wahre Anbetung
ist davon abhängig, ob ein Mensch „im Geist und in der Wahrheit“ betet.
Was meint Jesus mit diesen Worten? Versuchen wir eine Antwort darauf
aus der Betrachtung des Lebens des heiligen Josef zu finden.
Die
erste ganz große Herausforderung für Josef war es damit umzugehen, dass
seine Verlobte Maria schwanger war und das nicht von ihm. Welche
Gedanken gingen wohl in seinem Geist um? Wir wissen es nicht. Matthäus
berichtet uns nur, dass er gerecht war, Maria nicht bloßstellen und
sich deshalb in Stille von ihr trennen wollte. Josef spürte wohl die
Reinheit, die Heiligkeit Mariens und erlaubte sich nicht ihr in seinem
Geist etwas Sündhaftes zu unterstellen. Oft wird Josef mit einer Lilie,
dem Symbol der Reinheit dargestellt. Reinheit beginnt in den Gedanken,
im Geist. Die Reinheit der eigenen Gedanken ist dann auch die
Vorraussetzung, „im Geist“ anbeten zu können. Wir kennen die typischen
Versuchungen wie Zerstreuung, Ablenkung, Müdigkeit beim Beten. Die wohl
noch größere Versuchung ist, dass wir Unwahres über Mitmenschen, über
Gott denken. Dies gleicht einer dichten Nebelschicht in unserem Geist,
durch welche wir gehindert sind, mit Gottes Geist in Verbindung zu
treten. Ich lade Sie zu einem Selbstversuch ein: Denken Sie an den
Menschen in ihrem Leben, den Sie am wenigsten ausstehen können, der Sie
tief verletzt, gedemütigt, bloßgestellt hat, einen Menschen, von dem
Sie denken, auf ihn in berechtigter Weise zornig sein zu dürfen.
[Stille] Und mit diesem Gedanken versuchen Sie jetzt Gott „im Geist“
anzubeten. Gelingt es? Jesus ist in der Frage der Reinheit des Denkens
kompromisslos: „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei
einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe
dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem
Bruder, dann komm und opfere deine Gabe“ (Mt 5,23-24). Die östlichen
Väter sprechen oft von der „Vergöttlichung“ des Menschen. Was sie damit
meinten, ist genau die Anbetung „im Geist“: Der menschliche Geist
befreit sich durch die Neuwerdung des Denkens von allen niedrigen,
selbstmitleidigen, neidischen, hasserfüllten, vergleichenden Gedanken,
damit er mit Gottes Geist eins werden kann. Dadurch wird schon das
Denken zu Anbetung „im Geist“.
Wahre Anbetung, so lehrt uns
Jesus, geschieht „im Geist“ und geschieht „in der Wahrheit“. Auf das
Ringen des heiligen Josef und seinen ersten Entschluss, sich von Maria
trennen zu wollen, antwortet Gott durch einen Traum. Der enthält eine
Erklärung und einen klaren Auftrag: Josef soll Maria zu sich nehmen und
die Vaterstelle für das Kind übernehmen. Auch weitere Male gibt
ihm Gott im Traum Anweisungen. Seine Reaktion ist immer dieselbe: Josef
steht auf und tut, was ihm Gott befohlen hatte. Er diskutiert nicht mit
Gott, er gibt nicht seine Meinung dazu, er relativiert nicht den Willen
Gottes. Er handelt „in der Wahrheit“, er setzt das, was er als das Gute
und Richtige erkannt hat, auch um. Gewiss war die Kommunikation Gottes
gegenüber Josef eine Besondere. Aber auch wir erkennen in unserem
Gewissen zumeist sehr klar, was der Herr von uns in konkreten
Lebensumständen möchte. Statt dies aber zu tun, lassen wir uns in eine
innere Diskussion mit Gott ein, erklären Gott, warum wir die Dinge
anders sehen und anders handeln. Kurz gesagt, wir leben nicht „in der
Wahrheit“, die wir erkennen, sondern in unserer eigenen Lüge. Auch
hierin ist Jesus sehr klar: Er sagt nicht: Wer über die Wahrheit
nachdenkt, kommt zum Licht, sondern „Wer die Wahrheit tut, kommt zum
Licht“ (Joh 3,21). Der Gehorsam gegenüber Gottes Licht in unserem
Gewissen lässt uns zu Anbetern „in der Wahrheit“ werden. Gott bedarf
nicht unserer klugen Kommentare sondern unserer Hingabe.
„Die
Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater
anbeten werden im Geist und in der Wahrheit“ (Joh 4,23). Ich möchte
abschließend auf die Relevanz dieses Wortes Jesu für den
interreligiösen Dialog hinweisen. Sehr oft beschränkt sich das Gespräch
auf den kulturellen, integratorischen oder sicherheitspolitischen
Bereich. Wir sollten uns einbringen und die Kernfragen einer jeden
Religion ins Gespräch bringen: Wer ist Gott? Wer der Mensch? Und wie
ist die Beziehung des Menschen zu Gott? Die meisten Religionen
verbindet die Überzeugung, dass der Mensch mit Gott in Beziehung
treten, sprich, beten kann. Das Ideal eines jeden Gebets ist die
Anbetung „im Geist und in der Wahrheit“? Und so kann und darf es hierin
eine echte Rivalität geben: Wer betet mit reinerem Denken,
„vergöttlichtem“ Geist, lauterer Intention? Wessen Leben entspricht
mehr der Stimme Gottes, die in jedem Gewissen widerhallt? Über unser
Beten mit den Geschwistern im Glauben aber auch mit Gläubigen anderen
Religionen ins Gespräch zu kommen sollte uns ein Anliegen sein, weil
wir hierin sehr viel voneinander lernen können, um immer mehr Anbeter
„im Geist und in der Wahrheit“ zu werden. Amen.
P. Martin Mayerhofer FSO – März 2017
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